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25. August 2022

Das Sonntagsbraten-Prinzip
Region könnte sich bei weniger Fleischverzehr komplett selbst ernähren

Hegaukorn im Voglhaus Sie liefern Biogetreide für die Steigmühle, Regionalmanager Rainer Grimminger (Mitte) hat sie zusammengebracht. Vorn von links: Gerhard Riesterer, Klaus Wick und Albert Jäger. Hinten von links: Gerhard Weber, Josef Wesle und David Müller. | Bild: Rindt Claudia

Im Projekt Hegaukorn beliefern acht Biolandwirte und die Steigmühle Engen Partner wie das Konstanzer Voglhaus, Ruppaner und Reichenauer Inselbier – und zwar regional, biologisch und fair.


Würde das Prinzip des guten alten Sonntagsbratens wiederbelebt – die Menschen in Südbaden könnten sich komplett aus der eigenen Region ernähren. Davon ist Rainer Grimminger überzeugt. Als Regionalmanager versucht er, den ökologischen Landbau vor Ort zu stärken – und hat auch die Beteiligten des Projektes Hegaukorn zusammengebracht.
Biologisch, regional, fair. Das ist der Kreislauf, den alle Mitwirkenden wollen. Acht Biolandwirte aus der Region liefern Korn an die Steigmühle in Engen. Die Abnehmer veredeln das Bio-Mehl aus Ur-Dinkel oder die Bio-Gerste zu Backwaren und Bier.
Das Konstanzer Café Voglhaus gehört nun neben der Ruppaner-Brauerei und dem Reichenauer Inselbier zu den Partnern von Hegaukorn. Es setzt schon seit Jahren auf Ökowaren und wurde jetzt für den Umweltpreis der Unternehmer in Baden-Württemberg nominiert.

Hegaukorn im Voglhaus Das Voglhaus gehört zu den beliebten Cafés in Konstanz. | Bild: Rindt Claudia

Hegaukorn ist eine von 14 Musterregionen im Bundesland. Sie sind entstanden, weil im Ländle mehr Nachfrage an regionalen Bioprodukten bestand als der Markt hergab. Regionalmanager Grimminger webte das Netz zwischen den Bio-Landwirten, der Mühle und den Abnehmern. Die Wertschöpfung bleibt in der Region. Die Preise sollen für alle auskömmlich sein.
Grimminger geht davon aus, dass eine regionale Vollversorgung machbar wäre. Würden die Menschen weniger Fleisch essen, wäre es möglich, sich rein aus dem zu ernähren, was hier vor Ort wächst und gedeiht. Stichwort Sonntagsbraten: Man müsse gar nicht unbedingt komplett auf Rinder verzichten. Wiederkäuer hätten die schöne Eigenschaft, dass sie sich als einzige von reinem Grünland ernähren könnten.
Für David Müller, Ökobauer aus Kaltbrunn, ist klar, dass ein Ackerbau im Einklang mit der Natur auch verschiedene Fruchtfolgen erforderlich macht. Ein paar Produkte davon seien allerdings nur in der Viehwirtschaft interessant – zur veganen Lebensweise muss man rein aus Versorgungsgründen also nicht gleich überwechseln.

„Fresse ich den Kindern die Zukunft weg?“


Die Menschen sollten zu Omas Sonntagsbraten-Tradition zurückkehren, sagt auch die Unternehmerin Martina Vogl vom Voglhaus. „Jeder Verbraucher muss sich fragen: Fresse ich den Kindern die Zukunft weg?“ Die Region könnte sich autark ernähren, dies sei wissenschaftlich bewiesen, aber nicht mit dem bisherigen fleischlastigen Ernährungsstil.
Vogl geht davon aus, dass sich fast jeder regional und biologisch ernähren könne. „Das ist nicht nur eine Sache von reichen Leuten.“ Sie bekomme einen heiligen Zorn, wenn sie höre, dass sich das die meisten angeblich nicht leisten könnten. Das Voglhaus backt selbst ausschließlich vegan und mit Ur-Dinkel. Um mit diesem ursprünglichen Getreide umzugehen, brauche es mehr Wasser und etwas mehr Knetaufwand, sagt Martina Vogl.

Hegaukorn im Voglhaus Lea Leiber, Michael Hertlein und Martina Vogl (von links) zeigen, welche vegane Backwaren aus dem Ur-Dinkel entstehen können. | Bild: Rindt Claudia

Dafür kämen aber sehr nahrhafte Produkte heraus. Vogl beteuert, sie habe übrigens kein Problem mit der Tierwirtschaft an sich. Im konventionellen Bereich aber werde fürs Kraftfutter der Regenwald vernichtet – und das wolle sie einfach nicht.

„Wir sind Überzeugungstäter“


Mit im Boot ist auch Gerhard Riesterer aus Hilzingen, „Wir sind Überzeugungstäter“, sagt er. Sein Vater stellte den Hof schon 1974 auf Bio um. Er selbst habe immer nur auf diesem Feld gewirtschaftet, so der Landwirt. Weil jetzt ein Generationenwechsel anstehe und die Milchwirtschaft so ungeheuer viel Arbeit mache, habe sich der Betrieb davon verabschiedet.
Gerhard Riesterer weiß aus Erfahrung, dass Umstellungswellen wie die auf Bioprodukte eher schlecht für den Agrarmarkt sind: „Das verkraftet der schwer.“ Er habe dies schon mehrfach erlebt. Und er geht davon aus, dass trotz allen guten Willens auch der Preis von Biowaren steigen müsse. Die Bauern brauchten nun einmal Diesel, und die enorm gestiegenen Kosten wegen der Energiekrise müssten an den Verbraucher weitergegeben werden.

Aber auch Riesterer vertraut der Kraft des eigenen Korns: Bei Ur-Dinkel handele es sich um eine alte, seit den 1930er-Jahren nicht mehr durch Zucht veränderte Getreidesorte. Der Ertrag sei zwar recht gering, aber der Proteingehalt groß. Er ist also sehr nahrhaft.